von marismeno Mo Sep 10, 2018 4:15 pm
"Brot", wiederholte Wanja deutlich und drückte Sira das Stück in die Hand. Dann hielt er ihr die Flasche hin und sagte auch noch einmal "Wasser".
Ach, halt, das war ja irreführend! Musste sie nicht glauben, dass er mit dem Wort die Flasche bezeichnen wollte? Er ging die wenigen Schritte zum Rinnsal, kauerte sich nieder und tauchte seine Hand hinein. "Wasser" wiederholte er. Auffordernd zeigte er dann auf Sira, damit sie ihm nachsprach. Es war wichtig für sie, konnte überlebenswichtig sein, dass sie wenigstens einige Worte sprechen und verstehen konnte. Er musste sie so viele wie möglich lehren.
Er lachte leise. Als wäre er der richtige Lehrer für das Kind! Eine kleines dunkelhäutiges Mädchen von irgendwoher würde dann das Klysantrische mit einem amudarischen Akzent sprechen. Besser immerhin, als wenn sie es gar nicht sprach. Aber noch besser wäre es, wenn ein Einheimischer sich der Kleinen annähme.
Wanja hatte während seiner Reisen schon so manche fremde Sprache erlernen müssen und hatte deshalb Erfahrung darin, welche Worte die wichtigsten waren, welche man als Fremder dringender kennen, und welche man häufiger gebrauchen musste. Jetzt, da Sira begriffen hatte, was er von ihr wollte, konnte er ihr schnell ein Dutzend Begriffe und Redewendungen beibringen, während er sein Pferd sattelte und das Gepäck auflud: einen Gruß, einen Dank, 'Ich bin hier fremd und spreche eure Sprache nicht', Hilfe, ja, nein, bitte, Hunger, Durst, ... sie war so eifrig, dass er sich selber zügeln musste. Wenn er das Kind überforderte, würde es die Lektion schneller wieder vergessen, als er sie ihm vermitteln konnte. Um ihr zu verdeutlichen, was er meinte, musste er manches umständlich vorspielen, was sie dann jedesmal zum Lachen brachte.