von Oracul Mi Mai 14, 2014 10:28 am
Lerina schirmte mit einer Hand ihre Augen gegen das Sonnenlicht ab, das in den Raum auf ihr Gesicht fiel. Bisher hatte sie nur am Hof den Luxus gehabt, dass schwere, weinrote Samtvorhänge ihr Schlafgemach vor den Lichtstrahlen geschützt hatten. In den Gasthäusern, in denen sie bisher eingekehrt war, schien man es nicht für nötig zu halten, die Strahlen der Sonne am durchdringen des Raumes zu hindern.
Doch erneut musste sie sich, fast wie an jedem Tag nach ihrer Flucht klarmachen, dass sie nun ein anderes Leben führte, auch wenn die Erinnerungen an ihr Leben am Hof sie immer wieder einholten.
Kurz darauf ging sie zu ihrem Rucksack und hatte schon beinahe ihr Weinrotes Kleid und den dazugehörigen Mantel ausgepackt, als sie es sich doch wieder anders überlegte. Vermutlich würden sie weiterreisen, um den Erschaffer der Uhrwerksmänner zu finden.
Plump und emotionslos hatten diese Uhrwerksmänner sowohl den Bauern als auch einen anderen Uhrwerksmann erschlagen. Dies hatte garnichts mit den Duellen der Adligen gemein, die mit so edlen Waffen wie dem Rapier, dem Florett, dem Degen oder manchmal auch mit einem schlanken Säbel ausgetragen wurden. Plumpe Waffen wie Streitkolben sah man am Hof nicht und abgesehen von den Ohrfeigen, die manch eine Hofdame ihrem Gegenüber im Zorn verpasste, ließ man sich nicht zu unbewaffneten Schlägen herab.
Nachdem sie ihr Haar gekämmt und mit einigen silbernen Haarnadeln verziert, sich erneut in ihre graue Reisekleidung gehüllt hatte und auch ihr silberner Ring auf ihrem Finger saß, befestigte sie noch sowohl ihre Waffenscheide samt Dolch als auch ihre Schleuder griffbereit. Über ihre graue geschnürte Bluse zog sie ihre Lederrüstung, über die sie wiederum ihren Umhang legte.
Kurz sah sie sich in dem kleinen Spiegel des Zimmers an. Durchaus edler als sonst, wenn auch noch nicht perfekt. Aber es wird bestimmt noch die Zeit kommen, in der ich mich wieder in meiner ganzen Pracht zeigen kann. ging es ihr durch den Kopf. Sie verstaute gerade ihre restlichen Habseligkeiten im Rucksack, als sie Glasflasche mit dem grünen Kristallstaub entdeckt, den sie mit Melanda im Schuppen Gefunden hatte. Sie wollte ihn Gideon heute zeigen, um festzustellen, ob es sich um den gleichen Kristallstaub handelte.
Dann verstaute sie auch die letzten Gegenstände im Rucksack, den sie mitnahm, als sie das Zimmer verließ.
Würdevoll aufgerichtet schreitet sie mit langsamen, bedacht gesetzten Schritten hinunter in den Schankraum und knickst lächelnd vor Gideon, bevor sie sich ihm gegenüber auf die Bank niederlässt.
" Ich wünsche einen guten Morgen Gideon, ich hoffe, Ihr habt ebenfalls gut genächtigt?" So gut, wie man in solchen Gasthäusern eben nächtigen kann...
Zuletzt von Oracul am Fr Mai 16, 2014 10:19 pm bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet